Das Bundeskabinett hat Mitte Mai 2019 einen Gesetzesentwurf im Kampf gegen den Abmahnmissbrauch verabschiedet. Ziel des Papiers ist es, der Abmahnindustrie effektiver Grenzen aufzuzeigen, als dies bisher der Fall ist.
Wie es zum Gesetzesentwurf kam
Die immer stärker um sich greifende Abmahnindustrie in Deutschland ist ein großes Ärgernis für die Betroffenen. Nicht selten wird in diesem Zusammenhang gar von „professioneller Abzocke“ gesprochen. Einigen besonders „abmahnfreudigen“ Kanzleien wird vorgeworfen, auf diesem Weg mittels Vertragsstrafen und Gebühren schnell viel Geld generieren zu wollen. Gegen diese Praxis stellte sich Bundesjustizministerin Katarina Barley erstmals im September letzten Jahres, als sie den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vorlegte. Dieser Ausgangsentwurf wurde in den letzten Monaten überarbeitet und verbessert und hat durch den Beschluss des Bundeskabinetts die erste Hürde im Gesetzgebungsprozess bereits genommen. Nun liegt es am Bundestag, wie es mit dem Entwurf weitergeht.
Wesentliche Änderungen durch den Gesetzesentwurf
Im Kern beinhaltet der Entwurf folgende wesentliche Änderungen: Zunächst sollen höhere Anforderungen an die Klagebefugnis gestellt werden. Darüber hinaus hat man das Ziel den finanziellen Anreiz für Abmahnungen zu verringern. Außerdem soll der fliegende Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht wegfallen.
Höhere Anforderungen an die Klagebefugnis
Die erhöhten Anforderungen an die Klagebefugnis sollen Mitbewerbern nur noch dann Unterlassungsansprüche nach dem UWG ermöglichen, wenn sie Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen. Des Weiteren sollen Wirtschaftsverbände nur noch dann klagebefugt sein, wenn sie auf einer Liste der „qualifizierten Wirtschaftsverbände“ geführt werden. Die Eintragung und das entsprechende Verfahren regelt das Unterlassungsklagengesetz zu den qualifizierten Einrichtungen. Konkret soll beispielsweise vorgeschrieben werden, dass ein Verband mindestens 75 Mitglieder aufweisen muss, um auf die Liste zu kommen.
Verringerte finanzielle Anreize
Die Verringerung des finanziellen Anreizes möchte man durch verschiedene Einschränkungen erreichen. So könnten Mitbewerber bei Verstößen gegen die Kennzeichnungs- und Informationspflichten im Internet keine kostenpflichtigen Abmahnungen mehr aussprechen. Außerdem könnten in diesem Zusammenhang bei erstmaliger Abmahnung keine Vertragsstrafen mehr gefordert werden. So will man die Zahl der Abmahnungen, welche allein das Ziel der Generierung von Vertragsstrafen haben, wesentlich verringern. Zudem soll dem Abgemahnten die Wahrnehmung von Gegenansprüchen erleichtert werden.
Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands im Wettbewerbsrecht
Der Gesetzesentwurf sieht außerdem vor, dass der fliegende Gerichtsstand im Wettbewerbsrecht abgeschafft wird. Zur Begründung wird dabei angeführt, dass dadurch Missbrauchsanreize verhindert würden, denn bisher könne sich der Kläger das für ihn „passende Gericht“ aussuchen. Für das Vorgehen gegen neue Produkte bei Messen ist jedoch eine Ausnahme im Entwurf verankert.
Kritische Reaktion des Deutschen Anwaltvereins
Der Deutsche Anwaltverein (DAV) sieht den Gesetzesentwurf kritisch. Die Präsidentin des DAV führte dazu aus: „Es ist völlig unverständlich, warum der Gesetzgeber einerseits den Verbraucherschutz durch strenge gesetzliche Auflagen stärkt, zugleich jedoch Verstöße als Bagatellen abtut und Abmahnungen – insbesondere damit beschäftigte Anwältinnen und Anwälte – pauschal unter Missbrauchsverdacht stellt.“