Auswirkungen der erhöhten Wertgrenzen in Bayern auf Ausschreibungen: Ein Leitfaden für Bieter und Vergabestellen
Seit dem 1. Januar 2025 gelten in Bayern geänderte Wertgrenzen für öffentliche Ausschreibungen. Diese Neuerung, eingeführt durch das Zweite Modernisierungsgesetz, soll die Vergabeprozesse effizienter gestalten und betrifft insbesondere Direktaufträge, Verhandlungsvergaben und Beschränkte Ausschreibungen. Die Regelung ist bis zum 31. Dezember 2029 befristet und erstreckt sich über den gesamten Unterschwellenbereich.
Rechtsrahmen und wesentliche Anpassungen
Die Änderungen beruhen auf Art. 20 des Bayerischen Gesetzes über wirtschafts- und vergaberechtliche Vorschriften (BayWiVG) und beziehen sich sowohl auf Liefer- und Dienstleistungen als auch auf Bauleistungen. Besonders relevant sind folgende neuen Schwellenwerte (exklusive Umsatzsteuer):
Liefer-, Dienst- und freiberufliche Leistungen:
- Direktauftrag: bis 100.000 Euro netto
- Verhandlungsvergabe / Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb: bis 221.000 Euro netto
Bauleistungen:
- Direktauftrag: bis 250.000 Euro netto (befristet bis 31.12.2029(
- Freihändige Vergabe / Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb: bis 1.000.000 Euro netto (befristet bis 31.12.2029)
Mit diesen Anpassungen soll die öffentliche Beschaffung beschleunigt und der bürokratische Aufwand reduziert werden. Vergabestellen und Bieter müssen sich auf veränderte Verfahren einstellen.
Vorteile und Herausforderungen für Vergabestellen
Für öffentliche Auftraggeber bedeutet die Reform eine erhebliche Vereinfachung der Prozesse. Die neuen Wertgrenzen ermöglichen eine flexiblere Vergabe, die zu kürzeren Bearbeitungszeiten und einer besseren Reaktionsfähigkeit auf dringliche Beschaffungen führt. Dennoch bleiben grundlegende Prinzipien wie Transparenz, Gleichbehandlung und Wettbewerb maßgeblich.
Besondere Aufmerksamkeit erfordern folgende Aspekte:
- Auch bei Direktvergaben sind Markterkundungen erforderlich und nachvollziehbar zu dokumentieren.
- Vergaben dürfen nicht in kleinere Aufträge unterteilt werden, um die neuen Wertgrenzen künstlich zu umgehen.
- Die UVgO und VOB gelten weiterhin, sofern keine spezifischen landesrechtlichen Regelungen sie modifizieren.
Chancen und Risiken für Unternehmen
Die neuen Wertgrenzen eröffnen insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) neue Geschäftsmöglichkeiten. Durch die erleichterten Direktvergaben haben sie besseren Zugang zu öffentlichen Aufträgen, ohne komplexe Teilnahmewettbewerbe durchlaufen zu müssen.
Jedoch sind auch Herausforderungen zu beachten:
- KMU müssen sich aktiv um eine Aufnahme in Lieferantenlisten der Vergabestellen bemühen.
- Ein stärkerer Fokus auf Direktvergaben könnte den offenen Wettbewerb einschränken und die Gefahr von bevorzugten Unternehmen erhöhen.
Zudem bleibt die Nachweispflicht für wirtschaftliche, soziale und ökologische Kriterien bestehen. Bieter müssen weiterhin alle Eignungs- und Zuschlagskriterien erfüllen.
Fazit: Effizienzsteigerung oder Wettbewerbshemmnis?
Die neuen Vergaberegelungen in Bayern führen zu einer spürbaren Entlastung für öffentliche Auftraggeber und einer erhöhten Flexibilität im Vergabeverfahren. Gleichzeitig sollten Vergabestellen auf eine faire und transparente Umsetzung achten, um einen Wettbewerbsvorteil einzelner Unternehmen zu vermeiden.
Ob die Erhöhung der Wertgrenzen langfristig eine effizientere öffentliche Beschaffung ermöglicht oder möglicherweise den Wettbewerb für kleinere Unternehmen erschwert, bleibt in den kommenden Jahren zu beobachten.