In Zeiten des Kleinanzeigenmarktes findet gebrauchte Software schnell neue Interessenten. Der Weiterverkauf von Software ausschließlich auf Datenträgern vertriebener Software ist allerdings nur auf den originalen Datenträgern zulässig. Wer die Software auf eine CD oder einen Stick kopiert, begeht eine Urheberrechtsverletzung.Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat seine Rechtsprechung zum Weiterverkauf von Software nach der Entscheidung „UsedSoft“ aus dem Jahr 2012 nun mit Urteil vom 12.10.2016 (Rechtssache C-166/15 „Aleksandrs Ranks und Jurijs Vasi?evi?s“) weitergeführt und ergänzt. In dieser neuen Entscheidung führt der EuGH aus, dass der Ersterwerber einer mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundenen Kopie eines Computerprogramms die benutzte Kopie und seine Lizenz an einen Zweiterwerber weiterverkaufen kann. Soweit der körperliche Originaldatenträger der ursprünglich gelieferten Kopie beschädigt, zerstört worden oder verloren gegangen ist, darf der Ersterwerber allerdings seine Sicherungskopie des Programms dem Zweiterwerber nicht ohne Zustimmung des Urheberrechtsinhabers übergeben.
Bei Vertrieb von Software auf Originaldatenträgern ist ein Handel mit Sicherungskopien unzulässig.
Der Entscheidung des EuGH zugrunde lag ein Strafverfahren aus Lettland, in dem es um den Verkauf urheberrechtlich geschützter Computerprogramme ging. Die dortigen Angeklagten sollen Sicherungskopien von Software über einen Online-Marktplatz verkauft haben und wurden von lettischen Gerichten wegen Urheberrechtsverletzungen verurteilt. In diesem Zusammenhang fragte das mit der Rechtssache befasste Regionalgericht Riga (Strafkammer) den Gerichtshof an, ob das Unionsrecht dahin auszulegen sei, dass der Erwerber der auf einem körperlichen Datenträger, der nicht der Originaldatenträger ist, gespeicherten Sicherungskopie eines Computerprogramms nach der in einer Richtlinie der Union vorgesehenen Regel der Erschöpfung des Verbreitungsrechts eine solche Kopie weiterverkaufen könne, wenn der dem Ersterwerber gelieferte körperliche Originaldatenträger des Programms beschädigt wurde und der Ersterwerber sein Exemplar der Kopie gelöscht hat oder es nicht mehr verwendet. Die Vorlagefrage bezog sich auf den Fall des Weiterverkaufs einer auf einem körperlichen Datenträger, der nicht der Originaldatenträger ist, gespeicherten benutzten Kopie eines Computerprogramms (Sicherungskopie) durch eine Person, die die Kopie vom Ersterwerber oder von einem späteren Erwerber erworben hat.
EuGH: Weiterverkauf von Software ist möglich, allerdings mit Einschränkungen
\r\nIn seinem Urteil führt der EuGH aus, dass nach der Regel der Erschöpfung des Verbreitungsrechts der Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm (im streitgegenständlichen Fall war dies Microsoft), der in der Union die mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundene Kopie dieses Programms auf einem körperlichen Datenträger verkauft hat, späteren Weiterverkäufen dieser Kopie durch den Ersterwerber oder anschließende Erwerber nicht mehr widersprechen kann, ungeachtet vertraglicher Bestimmungen, die jede Weiterveräußerung verbieten. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Richtlinie dem Inhaber des Urheberrechts an einem Computerprogramm – vorbehaltlich der in der Richtlinie enthaltenen speziellen Ausnahmen – das ausschließliche Recht einräume, die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung des Programms mit jedem Mittel und in jeder Form vorzunehmen und zu gestatten. Der rechtmäßige Erwerber der durch den Rechtsinhaber oder mit dessen Zustimmung in den Verkehr gebrachten Kopie eines Computerprogramms darf diese Kopie folglich gebraucht weiterverkaufen, sofern ein solcher Verkauf nicht das dem Rechtsinhaber zustehende ausschließliche Vervielfältigungsrecht beeinträchtigt und jede Vervielfältigung des Programms vom Rechtsinhaber gestattet wird oder unter die in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen fällt.
Berechtigte Person darf – soweit erforderlich – Sicherungskopien anfertigen
In diesem Zusammenhang hat der EuGH darauf hingewiesen, dass nach der Richtlinie die Erstellung einer Sicherungskopie durch eine Person, die zur Benutzung eines Computerprogramms berechtigt sei, nicht vertraglich untersagt werden dürfe, wenn eine solche Kopie für die Benutzung erforderlich sei. Entgegenstehende vertragliche Bestimmungen seien unwirksam. Die Erstellung einer Sicherungskopie eines Computerprogramms ist somit an zwei Bedingungen geknüpft: Zum einen muss sie von einer Person erstellt werden, die zur Benutzung dieses Programms berechtigt ist und zum anderen muss sie für die Benutzung erforderlich sein.
Sicherungskopie darf nur vom Berechtigten genutzt werden
Daraus folgt, dass eine Sicherungskopie eines Computerprogramms nur für den Bedarf der zur Benutzung dieses Programms berechtigten Person erstellt und benutzt werden darf, so dass die betreffende Person diese Kopie, auch wenn sie den körperlichen Originaldatenträger des Programms beschädigt, zerstört oder verloren hat, nicht zum Zweck des Weiterverkaufs des gebrauchten Programms an einen Dritten verwenden darf.
Fazit:
Zusammenfassend besagt die Entscheidung des EuGH demnach, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Ersterwerber der mit einer Lizenz zur unbefristeten Nutzung verbundenen Kopie eines Computerprogramms zwar berechtigt ist, die benutzte Kopie und seine Lizenz an einen Zweiterwerber zu verkaufen, doch darf er, wenn der körperliche Originaldatenträger der ihm ursprünglich gelieferten Kopie beschädigt oder zerstört wurde oder verloren gegangen ist, seine Sicherungskopie dieses Programms dem Zweiterwerber nicht ohne Zustimmung des Rechtsinhabers übergeben.
Grundlage dieses Urteils ist damals geltende EU-Richtlinie 91/250/EWG, die maßgeblichen Regelungen der aktuellen Richtlinie 2009/24 sind identisch. Der EuGH spricht in dem aktuellen Urteil auch Unterschiede zur Entscheidung „UsedSoft“ aus dem Jahre 2012 an. Der Unterschied liegt darin, dass dort keine Originaldatenträger vertrieben wurden, sondern der Erwerber unbefristeter Nutzungsrechte die Software beim Hersteller herunterladen musste. Dann war eine Weiterübertragung der Nutzungsrechte unter bestimmten Voraussetzungen möglich, insbesondere musste der Verkäufer alle Programmkopien in seinem Besitz unbrauchbar machen. Der Europäische Gerichtshof hat mit dieser Entscheidung vom Oktober 2016 die Rechtsprechung zu gebrauchter Software weiter geschärft. Während die Richter 2012 in der „UsedSoft“ Entscheidung den Weiterverkauf von Software noch erheblich gestärkt hatten, zogen sie nun eine klare Grenze, die den Weiterverkauf von Sicherheitskopien verbietet.
Verkauf eines nicht aktivierten Software-Produktschlüssels nicht unbedingt irreführend
In diesem Zusammenhang möchten wir noch auf zwei weitere Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hinweisen. Das OLG Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 27.05.2016, Az. 6 W 42/16 entschieden, dass der Verkauf eines noch nicht aktivierten Software-Produktschlüssels („product key“) nicht irreführend ist, wenn unklar sei, ob der Rechteinhaber die Zustimmung zur Vervielfältigung erteilen oder verweigern wird. In diesem Fall diene der Produktschlüssel nicht der unkörperlichen Weitergabe eines bereits existierenden Vervielfältigungsstücks im Sinne der „UsedSoft“-Rechtsprechung des EuGH und des BGH, sondern der erstmaligen Herstellung eines Vervielfältigungsstücks.
Mit Urteil vom 20.04.2016, Az. 2-06 O 275/15 hat das Landgericht Frankfurt am Main entschieden, dass es irreführend und damit wettbewerbswidrig sei, Verbrauchern Produktschlüssel für Computerprogramme anzubieten, wenn der Verbraucher tatsächlich kein gesetzliches Recht zur Nutzung und zum Download des Computerprogramms erhält. In dem konkreten Fall wurden widerrechtlich Produktschlüssel aus einer Volumenlizenz vertrieben und dabei über ein tatsächlich nicht bestehendes gesetzliches Recht gegenüber dem Rechteinhaber getäuscht. Das Verbreitungsrecht an der angebotenen und sodann verkauften Programmkopie sei nicht erschöpft gewesen. Davon habe der Verbraucher nach der Art des Angebots aber ausgehen können, was insoweit eine Irreführung begründete.
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\r\nHerr Rechtsanwalt Dr. Beltle von den BTL Rechtsanwälten ist Ihnen bei Fragen im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf von Software gerne behilflich. Herr Rechtsanwalt Dr. Beltle ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtschutz, Fachanwalt für Informationstechnologierecht (IT-Recht) und Mediator. Er betreut seit vielen Jahren Unternehmen in sämtlichen Fragen im Zusammenhang mit dem Internet wie Kaufverträge oder wettbewerbsrechtliche Besonderheiten, Vertragsgestaltung und Allgemeine Geschäftsbedingungen sowie im Bereich Markenrecht, Wettbewerbsrecht und Urheberrecht.\r\n\r\nRufen Sie uns gerne an oder vereinbaren Sie einen Termin für Ihr persönliches juristisches Anliegen mit uns.