Mit Inkrafttreten des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes am 14.01.2019 erfuhr das deutsche Recht eine tiefgreifende Markenrechtsreform. Auf Grundlage der europäischen Markenrechts-Richtlinie (RL 2015/2436) wurden bekannte Regeln der europäischen Ebene des Markenrechts in deutsches Recht überführt.
Durch die neuen Markenformen ist nun auch das nationale Markenrecht im digitalen Zeitalter angekommen. Mit Einführung der Gewährleistungsmarke reagiert der Gesetzgeber auf die anhaltende Popularität von Garantiesiegeln und Gütezeichen. Damit erhalten Verbraucherschutzinteressen maßgeblich Einzug ins Markenrecht. Die Novellierung des Widerspruchs- und Löschungsverfahrens durch die Markenrechtsreform eröffnet viele neue Möglichkeiten zum effizienten und interessengerechten Markenschutz und sollte aus Unternehmersicht keinesfalls unterschätzt werden.
Auf Urkunden des DPMA werden diese neuen digitalen Markenformen durch QR – Codes ausgewiesen, welche direkt auf die entsprechende Darstellung im elektronischen Markenregister verlinken.
Eine Internationalisierung der neuen Markenformen ist jedoch nicht absehbar. Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) setzt nach wie vor eine grafische, zweidimensionale Darstellung voraus.
Gewährleistungsmarken
Prüfsiegel sind für viele Konsumenten ein ausschlaggebendes Kriterium bei der Produktauswahl. Je wichtiger diese Siegel werden, umso dringender der markenrechtliche Schutz. Doch ist dieser mit den herkömmlichen Markenkategorien nur schwer zu erlangen.
Die bisherigen Individual- und Kollektivmarken finden ihre Bestimmung in der Herkunftsfunktion. Damit werden sie Gütezeichen nicht gerecht. Es liegt schließlich in ihrer Natur, auf Produkte unterschiedlicher Hersteller hinzuweisen. So waren Gütezeichen nach bisherigem Markenrecht lediglich für die Dienstleistung des entsprechenden Zertifizierers schutzfähig – nicht aber für die damit ausgezeichneten Produkte. Es bedurfte einer Markenkategorie, welcher der Garantiefunktion von Gütesiegeln gerecht wird. Die neue Gewährleistungsmarke wird ausgestellt, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Neutralität
Der Inhaber einer Gewährleistungsmarke darf die zertifizierten Produkte nicht selbst vertreiben. - Transparenz
Die Zertifizierer müssen sich eine Markensatzung geben, welche Nutzungsbedingungen sowie die Anforderungen an Produkt- und Qualitätseigenschaften transparent ausweist. - Erkennbarkeit
Nur wenn die Garantiefunktion deutlich erkennbar ist, erfolgt die Eintragung durch das DPMA.
Neue Markenformen
Nach dem neuen MarkenG reicht es nun aus, wenn Registermarken eindeutig und klar bestimmbar sind. Das Erfordernis einer grafischen Darstellbarkeit entfällt, womit den heutigen technischen Möglichkeiten im elektronischen Markenregister, sowie dem Bedarf an zeitgemäßen Markenformen Rechnung getragen wird. Eintragungsfähig sind beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) neuerdings auch:
Klangmarken
Sogenannte Klang- oder Hörmarken waren aufgrund des Erfordernisses der grafischen Darstellbarkeit nur dann eintragungsfähig, wenn es sich um eine in Notenschrift darstellbare Ton- bzw. Akkordfolge handelte. Einzelne Klänge und Geräusche waren nicht grafisch darstellbar, sind jetzt jedoch ebenfalls eintragungsfähig.
Multimediamarken
Unter der Multimediamarke versteht man ein aus Audio- und Bilddatei bestehendes Zeichen.
Hologramme
Laut DPMA sind Hologramme dreidimensionale Abbildungen von Objekten auf einer zweidimensionalen Oberfläche mit Tiefenanmutung. Sie werden als Film abgebildet.
Bewegungsmarken
Bewegungsmarken umfassen einen Bewegungsablauf natürlicher oder artifizieller Natur, etwa als Abfolge zwei- oder dreidimensionaler Bilder (DPMA). Sie können ebenfalls nun als Film abgebildet werden, was ihre Eintragung erheblich vereinfacht.
Markenrechtsreform beeinflusst Widerspruchsverfahren
Auch im gegen die Eintragung einer Marke gerichteten Widerspruchsverfahren gibt es durch die Markenrechtsreform grundlegende Neuerungen. Sofern Sie sich bereits im europäischen Markenrecht bewegt haben, sollten Sie diese jedoch nicht überraschen.
Bündelung mehrerer Widerspruchsmarken
Nun kann der Widerspruchsführer mehrere ältere Rechte, z. B. mehrere eingetragene Marken, in einem einzigen Widerspruchsverfahren bündeln.
Neue Widerspruchsgründe
Nun können auch geschützte geographische Angaben und Ursprungsbezeichnungen als Widerspruchsgründe angeführt werden, sofern die Anmeldung der Marke, gegen die sich der Widerspruch richtet, nach dem 14. Januar 2019 eingereicht wurde.
Höhere Widerspruchsgebühr
Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) erhöht die Widerspruchsgebühr für ein Widerspruchszeichen von 120 Euro auf 250 Euro. Jedes durch Bündelung zusätzlich geltend gemachte Widerspruchszeichen kostet weitere 50 Euro.
„Cooling Off“-Phase
Zudem hat der Gesetzgeber nun eine „Cooling Off“-Phase eingeführt. Damit wird dem Parteiinteresse Rechnung getragen, eine klare Grenzziehung in der Benutzung der Kennzeichen zugunsten einer Koexistenz beider Zeichen dem gerichtlichen Entscheid vorzuziehen. Dazu wird den Parteien bei gemeinsamen Antrag eine Frist von zwei Monaten eingeräumt.
Relative Schutzhindernisse im amtlichen Löschungsverfahren
Bisher konnte die Löschung einer Marke aufgrund relativer Schutzhindernisse nur durch Löschungsklage vor einem ordentlichen Gericht erzwungen werden. Dies hat nun ein Ende. Durch die Markenrechtsreform werden in Zukunft nicht nur absolute, sondern auch relative Schutzhindernisse (ältere Rechte Dritter) als Nichtigkeitsgrund im amtlichen Löschungsverfahren anerkannt. Nach Entrichtung einer Gebühr von 100,00 Euro wird die Marke nach einer Frist von zwei Monaten gelöscht, sofern der Inhaber in dieser Zeit nicht widerspricht. Tut er dies doch, kann der Antragssteller die Löschung vor einem ordentlichen Gericht weiterverfolgen. Ab Mai 2020 kann das Verfahren für eine Weiterführungsgebühr von 300 Euro dann auch vor dem DPMA weiterverfolgt werden.
Neue Beweispflicht im Nichtigkeitsverfahren
Der Inhaber einer Marke muss bei Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit seiner Marke die Benutzung wie bisher nicht nur glaubhaft machen, sondern beweisen. Damit erfährt die Benutzungspflicht eine wesentlich höhere Bedeutung.
Fazit
Gerade für Unternehmen, wie insbesondere auch Software-Hersteller, App-Entwickler oder Anbieter von Online-Marketing, bieten die Neuregelungen der Markenrechtsreform durch die neuen Markenformen große Vorteile. Als Spezialisten im Bereich des Markenrecht stehen wir ihnen und ihrem Unternehmen, Firma oder Betrieb mit Beratung und Vertretung jederzeit zur Seite. Mit unserer „Big-Think“-Philosophie als einem unserer Grundsätze im Bereich der juristischen Beratung ziehen wir eine ganzheitliche Betrachtung der Problemerkennung der isolierten Analyse von Detailfragen vor, womit eine Problemerkennung und -Vermeidung im Vorfeld für unsere Mandanten geleistet werden kann.
In einer Phase der weitläufigen Neuerungen treten wir auch in Widerspruchssachen kompetent für eine solide, zukunftssichere und individuelle Lösung des Markenschutzes für ihr Unternehmen ein. So unterstützen wir Sie mit unserer langjährigen Expertise auch im novellierten, neuen Markenrecht, insbesondere
- Markeninhaber bei der Widerspruchserhebung gegen Anmeldung einer identischen oder ähnlichen zeitlich jüngeren bzw. neu eingetragenen Marken durch Dritte,
- bei der Verteidigung Ihrer Markenanmeldung gegen den Widerspruch von Seiten Dritter,
- sowie bei Beanstandungen und Beanstandungsbescheiden des DPMAim Rahmen des Anmeldeprozesses bei Marken.