Vergaberecht 2025: Die wichtigsten Neuerungen und ihre Auswirkungen
Das Vergaberecht entwickelt sich stetig weiter, um Effizienz, Transparenz und fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Im Jahr 2025 stehen mehrere wesentliche Änderungen an: Die Schwellenwerte für Direktaufträge wurden bundesweit angehoben, die EU-Kommission hat eine Konsultation zur Modernisierung der Vergaberichtlinien gestartet, und neue gesetzliche Vorgaben wie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz treten in Kraft. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Anpassungen und ihre praktischen Folgen für Vergabestellen und Unternehmen.
Erhöhte Wertgrenzen für Direktvergaben
Die Bundesregierung hat beschlossen, die Wertgrenzen für Direktaufträge spürbar anzuheben. Bundesbehörden können nun Liefer- und Dienstleistungen bis zu einem Wert von 15.000 Euro netto ohne formales Vergabeverfahren vergeben. Diese Maßnahme soll Verwaltungsprozesse verschlanken und eine schnellere Vergabe ermöglichen. Für Bauleistungen bleiben die bereits erhöhten Schwellenwerte bestehen und wurden um ein Jahr verlängert.
Die Entscheidung wurde insbesondere mit dem Bedarf an flexibleren Vergabeverfahren in Krisensituationen begründet. Allerdings ist die Regelung zunächst auf ein Jahr befristet. In dieser Zeit sollen weitergehende Änderungen der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden.
Bundeslandspezifische Anpassungen der Wertgrenzen
Neben der bundesweiten Erhöhung der Direktvergabeschwellen haben einige Bundesländer eigene Anpassungen vorgenommen. Details zu den jeweiligen Wertgrenzen finden Sie hier:
- Hamburg: weitere Informationen finden Sie hier.
- Bayern: weitere Informationen finden Sie hier.
- Mecklenburg-Vorpommern: weitere Informationen finden Sie hier.
- Niedersachsen: weitere Informationen finden Sie hier.
- Rheinland-Pfalz: weitere Informationen finden Sie hier.
- Baden-Württemberg: weitere Informationen finden Sie hier.
Praktische Auswirkungen für Vergabestellen und Unternehmen
Vergabestellen profitieren insbesondere von einer höheren Flexibilität und einem geringeren Verwaltungsaufwand. Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) haben durch die vereinfachten Verfahren eine bessere Chance, öffentliche Aufträge ohne komplizierte Ausschreibungen zu erhalten. Gerade in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist dies von Vorteil.
Beispielhafte Anwendung in der Praxis
Branchen wie das Baugewerbe oder die IT-Dienstleistungen profitieren besonders von den neuen Regelungen. Beispielsweise könnten Softwareentwicklungsprojekte für Behörden schneller beauftragt werden, ohne ein langwieriges Ausschreibungsverfahren durchlaufen zu müssen. Auch kleinere kommunale Bauprojekte, wie die Sanierung von Spielplätzen oder energetische Gebäudesanierungen, könnten nun zügiger umgesetzt werden.
Rechtliche Unsicherheiten und Herausforderungen
Trotz der Vorteile gibt es einige offene Fragen. Die Befristung der erhöhten Wertgrenzen auf ein Jahr sorgt für Unsicherheit in der Planung öffentlicher Vergaben. Unternehmen sollten ihre Prozesse flexibel gestalten, um auf mögliche Änderungen reagieren zu können. Zudem bleibt abzuwarten, ob die neuen Regelungen nach Ablauf der Frist verstetigt oder erneut angepasst werden.
EU-Konsultation zur Überarbeitung der Vergaberichtlinien
Parallel zur nationalen Entwicklung läuft eine Konsultation der EU-Kommission zur Überprüfung der Vergaberichtlinien. Bis zum 7. März 2025 können Unternehmen, Verbände und interessierte Akteure ihre Einschätzungen einbringen.
Wichtige Themen der Konsultation sind:
- Förderung innovativer Unternehmen und Startups, insbesondere in strategisch wichtigen Sektoren.
- Bevorzugung europäischer Produkte in bestimmten Bereichen.
- Stärkere Integration von Nachhaltigkeitskriterien in Vergabeverfahren.
- Digitalisierung und Vereinfachung der Vergabeprozesse.
Wie können Unternehmen sich beteiligen?
Unternehmen haben die Möglichkeit, sich aktiv an der Gestaltung der zukünftigen Vergabepraxis zu beteiligen. Über Online-Plattformen und Veranstaltungen können Rückmeldungen an die EU-Kommission gegeben werden. Gerade für KMU und Startups bietet sich hier eine Chance, ihre Interessen frühzeitig einzubringen.
Die Rolle der Digitalisierung in der Vergabe
Ein entscheidender Trend ist die fortschreitende Digitalisierung von Vergabeverfahren. Automatisierte Plattformen könnten Prozesse effizienter, transparenter und für kleinere Anbieter zugänglicher machen. Dies könnte insbesondere KMU helfen, Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen zu erhalten und Wettbewerbshürden abzubauen.
Das Vergabejahr 2025 im Ausblick
Neben den Anpassungen der Wertgrenzen und der EU-Konsultation stehen 2025 weitere relevante Entwicklungen im Vergaberecht an.
Die wichtige Themen im Überblick Ausblick:
- E-Rechnungen: Ab dem 1. Januar 2025 müssen öffentliche Auftraggeber elektronische Rechnungen annehmen. Dies erleichtert digitale Prozesse und fördert die Transparenz.
- Pflicht zur E-Vergabe in Schleswig-Holstein: Ab 2025 müssen Vergabeverfahren ab einem Auftragswert von 150.000 Euro digital abgewickelt werden.
- Lieferkettensorgfaltspflicht: Ab dem 1. Januar 2025 können Unternehmen ihre Berichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gestalten.
- EU-Taxonomie-Verordnung: Die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach dieser Verordnung betrifft zunehmend auch das Vergabewesen.
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG): Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wird die Berücksichtigung der Barrierefreiheit im Vergaberecht weiter ausgebaut. Ab dem 28.06.2025 sind öffentliche Auftraggeber stärker verpflichtet, bei der Beschaffung von Produkten und Dienstleistungen die Anforderungen an digitale und physische Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Dies betrifft insbesondere IT-Systeme, Webseiten, öffentliche Gebäude und den öffentlichen Nahverkehr.
- Kommunalrichtlinie: Ab Februar 2025 können Kommunen Förderanträge zur nachhaltigen Beschaffung stellen.
- Evaluation der EU-Vergaberichtlinien: Die Konsultation zur möglichen Novellierung der EU-Vergaberichtlinien endet am 7. März 2025.
- Vergabesymposium am 20. und 21. Mai 2025: Experten diskutieren aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen im Vergaberecht.
Fazit: Chancen nutzen, Entwicklungen beobachten
Die jüngsten Änderungen im Vergaberecht zeigen eine klare Tendenz zur Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren. Während die höheren Wertgrenzen kurzfristig Entlastung bringen, könnte die EU-Konsultation zu weitergehenden strukturellen Änderungen führen. Unternehmen sollten sich aktiv einbringen und die neuen Möglichkeiten nutzen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und um erfolgreich an Ausschreibungen teilzunehmen, um den Zuschlag zu Aufträgen für Vergaben und Beschaffungsprojekte zu erhalten.
Aber auch für die Öffentliche Hand, also öffentliche Auftraggeber bringen die Änderungen im Vergaberecht durchaus Herausforderungen mit sich. Auch wenn die gesetzlichen Vorgaben insbesondere durch Erhöhung von Wertgrenzen für einzelne Ausschreibungen gelockert werden, sind insbesondere die allgemeingültigen Vergaberechtsgrundsätze weiterhin bei jeder Ausschreibung und bei jedem Vergabeprojekt zu berücksichtigen und einzuhalten.
Damit es bei Vergabeprojekten nicht zu Verzögerungen und rechtlichen Problemen kommt, sollte daher von öffentlichen Auftraggebern und dort insbesondere der Vergabestellen und der Fachabteilungen, u.a. bei Behörden, Landkreisen, Städten und Kommunen und Institutionen, für das Vergabercht zu beachten ist, zukünftig ein noch stärkerer Fokus auf eine ausreichende, detaillierte und vergaberechtskonforme Dokumentation und die ordnungsgemäße Erstellung von Vergaberechtsvermerke und Veröffentlichungen bzw- Bekanntmachungen gelegt werden. Dies kann gerade auch bei geförderten Vergabeprojekten durchaus von Vorteil sein.
Eine detaillierte und vergaberechtskonforme Dokumentation dient dabei beispielsweise auch dem Zweck, eine erstellte Leistungsbeschreibung und die Vergabeunterlagen vor Beginn der Ausschreibung nochmals auf Vollständigkeit gegenzuprüfen und kann daher auch quasi als Cross-Check für das Vergabeprojekt sinnvoll sein, insbesondere auch, um zu gewährleisten, dass sich möglichst viele Unternehmen als Bieter an einer Ausschreibung beteiligen.
Gerade bei IT-Ausschreibungen kann geade die Dokumentation im Einzelfall durchaus schwierig sein, so dass die Hinzuziehung von externer Expertise zur Überprüfung der Einhaltung der Vergabevorgaben oftmals sinnvoll ist.